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HAUPTMENU

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BLÄTTERN (Apfel 1-100)

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Nahrung und Nahrungsaufnahme.

 

Es ist eine bekannte Thatsache, dass die meisten Obstbäume verhungern d. h. durch Nahrungsmangel zu Grunde gehen; es fehlen dem Boden die entsprechenden Nährstoffe und weder sachgemässer Schnitt noch günstige Lage sind im Stande, eine kräftige Vegetation und andauernde Fruchtbarkeit hervorzubringen. Zur Erlangung fortdauernder reicher Ernten ist eine rationelle Düngung von der allergrössesten Wichtigkeit; sie übt eine sicher zu constatirende Wirkung auf die Erzeugung von Holz, von Blättern und Früchten aus. Der Obstzüchter muss daher die wichtigsten Nährstoffe kennen, welche dem Boden durch die Ernten entzogen werden und die durch den Dünger wiederum in den Boden zurückkehren müssen. Nur bei Berücksichtigung dieser landwirthschaftlichen Grundregel kann der Obstbau bei entsprechender Sortenauswahl die relativ höchsten Erträge gewähren und den höchsten Reinertrag liefern.

Der Dünger muss den Obstbäumen - am besten in flüssiger Form - je nach dem Zweck, den man verfolgt, zu bestimmten Zeiten gegeben werden: zur Erzeugung kräftigen Holzes im Frühjahr und Sommer, zum Ansatz der Blüthen und zur Ablagerung der Reservestoffe im August und September. Auch die Wahl der Düngemittel ist von höchster Wichtigkeit.

Seit etwa 20 Jahren habe ich mich vielfach mit Düngungsversuchen beschäftigt und die letzten im Jahre 1878 an 84 Obstbäumen - mit den entsprechenden Controlstämmen - ausgeführt. Es wurden folgende 7 Düngemittel in nachstehenden Gaben und Zusammensetzungen an 3 Hochstämmen, 3 Pyramiden, 3 Palmetten und 3 Cordons angewendet:

1. Kuhmist, 30 Kilogr.;

2. Asche aus Laubholz, 2 Kg.;

3. Superphosphat, 3 Kg.;

4. Schwefelsaures Kali, 2 Kg.;

5. Kuhmist und Asche, wie l. und 2.;

6. Asche und Superphosphat, wie 2. und 3.;

7. Superphosphat und schwefelsaures Kali, wie 3. und 4.

Die Düngemittel wurden in einer entsprechenden Menge Wasser aufgelöst und die Bäume dreimal, am l. und 20. August und am 10. September, damit begossen.

Es ergab sich auch diesmal, entsprechend meinen früheren Versuchen, als Resultat, dass eine Verbindung von Kali mit Phosphorsäure (No. 7) am günstigsten auf die Blüthenbildung wirkt. Am wenigsten wirkte Kuhmist; Asche etwas mehr; die Wirkungen des Superphosphats waren gleich denen der Asche; die des schwefelsauren Kalis bemerkenswerther; die von Kuhmist und Asche noch nachhaltiger, als diese Stoffe einzeln gegeben; Asche und Superphosphat wirkte ähnlich; am günstigsten schliesslich waren die Erfolge von Superphosphat (20 pCt. Phosphorsäure) und schwefelsaurem Kali (50 pCt, Kali).

Ohne Kenntniss der Düngelehre kann kein Obstzüchter den Obstbau rationell betreiben; leider wird diese Wahrheit noch wenig erkannt: die Resultate der Chemie sind für den Obstbau scheinbar noch nicht vorhanden, nur der Landmann weiss ihren Werth zu schätzen.

 

 

Um von den Vorgängen bei der Nährstoffaufnahme durch die Wurzeln eine klare Vorstellung zu erhalten, ist es vor allem nothwendig zu wissen, an welchen Stellen die Wurzeln die Nährstoffe aufnehmen. Genaue Beobachtungen belehren uns, dass es die jungen hinter der Wurzelspitze liegenden Theile der Wurzeln sind, die der Nahrungsaufnahme dienen. Die Wurzelspitze selbst und das wachsende Stück haben nur wenig Berührungspunkte; dagegen wachsen aus der Oberhaut der jungen, eben ausgewachsenen Wurzeltheile lange, dünne Schläuche hervor, Wurzelhaare, die zwischen den benachbarten Erdtheilchen hindurchwachsend, sich denselben innig anlegen und auf diese Weise die funktionirende Fläche der Wurzeln bedeutend vergrössern. An den älteren Wurzeltheilen sterben die Wurzelhaare ab und an Stelle der Oberhaut tritt nun eine schützende Korkschicht, die für das Wasser undurchdringlich ist. Es sind demnach nur die jüngsten 5 bis 10 und mehr Centim. von der Spitze aus nach hinten sich erstreckenden Wurzelstücke, welche der Wasser- und Nahrungsaufnahme dienen. Da nur junge Theile funktionsfähig sind, so ist es einleuchtend, dass ein Wurzelsystem nur so lange den Baum ernähren kann, als sich an demselben noch wachsende Wurzeln befinden, dass alte Bäume jährlich eine grosse Anzahl junger Wurzeln bilden müssen und dass eine Pflanze mit zahlreichen Verästelungen an den Wurzeln die oberen Theile besser ernähren kann, als eine ohne dieselben. 

 

 

Schon durch das Verpflanzen der Sämlinge im krautartigen Zustande und das Beschneiden der Wurzeln erzeugen wir zahlreiche Verästelungen und durch einen kurzen Wurzelschnitt wird die ganze Wurzelkrone neu gebildet und eine Menge kräftiger Neben- und Faserwurzeln hervorgerufen. Es ist verständlich, dass die aufnehmenden Stellen eines Wurzelsystems allmählig andere werden, fortwährend ihren Platz in der Erde ändern und vom Stamme aus nach allen Richtungen sich ausbreiten. Auf diese Weise ist es aber auch ermöglicht, dass die funktionsfähigen Wurzelstellen einer Pflanze immer wieder in neue, bis dahin noch nicht ausgenutzte Stellen des Bodens gelangen und denselben in ausgiebigster Weise ausnutzen können. Das Wurzelsystem eines Baumes, das sich weit in der Erde ausbreitet, kann eine mindestens ebenso grosse Fläche einnehmen, als die Baumkrone deckt. Die funktionsfähigen Wurzeltheile befinden sich gleichsam in der Peripherie des gesammten Wurzelsystems und die aufnehmenden Flächen vertheilen sich hauptsächlich auf die Peripherie des vom Wurzelsystem aufgenommenen Terrains. Dem entsprechend düngt man bekanntlich grössere und ältere Bäume nicht in der Nähe des Stammes, wo sich nur wenig aufnehmende Wurzeln befinden, man pflegt vielmehr den Dünger auf eine grössere um den Baum herumliegende Fläche zu vertheilen.

 

 

Nach neueren Beobachtungen steigt der durch die Wurzel aufgenommene Saft von Zelle zu Zelle, den stärksten Anziehungspunkten zuströmend, wo sich die Blätter befinden; er erleidet hier chemische Umwandlungen, wird consistenter und dient zur Bildung der neuen Theile, des concentrischen Jahresringes, der neuen Wurzeln und zum überwallen der Schnittflächen und Wunden. Im Herbst dient er zur Ablagerung von Reservestoffen in den Zellen; das Material zur Bildung neuer Wurzeln ist daher nicht der von der Wurzel aufgenommene Nahrungssaft, sondern alle Neubildungen werden durch diese im Herbst abgelagerten und im Frühjahr aufgelösten Reservestone erzeugt. Der Pflanzensaft weist Anfang bis Mitte Mai mehr feste Bestandtheile auf, als in den Sommermonaten. Er enthält in 100 Theilen fester Bestandtheile etwa 20-22 pCt. Kali, 20-24 pCt. Kalk, 9-10 pCt. Kalkerde, 4-5 pCt. Phosphorsäure und 33-36 pCt. Kohlensäure. Ein Obstbaum, der in gutem Boden erwachsen und deshalb reich mit abgelagerten Reservestoffen versehen ist, wird demnach schneller neue Wurzeln bilden können, als ein solcher, der in magerem Boden erwachsen ist und daher nicht in der Lage war, Reserve-stoffe abzulagern.

 

 

Wenn im Samen Kali und Phosphorsäure, im Holz und in der Rebe Kali, im Stengel Kalk, Chlor und Kieselerde vorherrschen, wenn die Blätter sich auszeichnen durch ihren Gehalt an kohlensaurem Kalk und eine solche Vertheilung innerhalb der Pflanze sich jedesmal wiederholt, dann ist der Schluss völlig gerechtfertigt, dass die Entstehung des Samens an Kali und Phosphorsäure, des Holzes an Kali, des Stengels an Kalk und Chlor und der Blätter an schwefelsaures Kali geknüpft ist. Aus diesem Gesichtspunkte gewinnt jede zuverlässige Angabe über die Salze in bestimmten Pflanzen und Pflanzentheilen eine noch vor Kurzem ungeahnte Bedeutung.

Auch der fruchtbarste Boden wird zuletzt erschöpft. Wir haben durch Berthier gelernt, dass die Weinberge Kali erfordern, dass dieses Kali nur zu einem sehr kleinen Theile in die Trauben, dagegen grossentheils in Holz und Blätter der Reben übergeht. Aber die Traube setzt die Rebe voraus. Es ist erwiesen, dass Kartoffeln und Runkelrüben dem Boden mehr Kali entnehmen, als Obstbäume und der Weinstock. Weil nun Kartoffeln und Runkelrüben dem Boden das Kali entziehen, verdirbt man einen Weinberg, eine Baumschule und Obstplantagen durch Anbau von Kartoffeln und Runkelrüben, wie es leider auch häufig zum grossen Schaden der Baumschulen und der Obstkultur geschieht; es wird durch diesen Raubbau eine Quelle erschöpft, die für den Weinstock, für den Obstbaum fliessen muss.

 

 

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